Nach einem wirklich entspannten Mittwoch sollte es nun am Donnerstag zur letzten Höhenwanderung gehen. Unter Beachtung von Höhenmetern, vom Schwierigkeitsgrad und von der örtlichen Lage entschied ich mich für die Bergwanderung zur Geißspitze. Heike Bechtold schreibt in ihrem Buch, dass “diese Bergwanderung mit ihrer wunderschönen Landschaft, einem aussichtsreichen Gratweg und dem genialen Blick auf die Drei Türme, die Sulzfluh und die Drusenfluh besticht”. Im weiteren Text zum direkten Weg auf die Geißspitze kann ich lesen, dass “ein schmaler Pfad ohne große Steigung zur bereits sichtbaren Geißspitze verläuft”.
Das las sich für mich machbar zumal ich für uns nicht den Rundweg über die Lindauer Hütte (1.350 Höhenmeter bergab), sondern den gleichen Rückweg zur Bergstation plante.
Start war wiederum der Golmer Berg. Ab Bergstation ging es zunächst steil bergauf zum Golmer Höhenweg, welcher auf einem Grat verläuft. Die Aussicht von diesem Gratweg ist gigantisch. Den Gipfel des Golmer Joch sparten wir uns, da wir diesen bereits mit den Kindern bestiegen hatten. Dafür aber nahmen wir den Abstecher über den Gipfel des Kreuzjochs. Bis dahin waren die Anstrengungen wie aus den letzten Wanderungen bekannt. Nach einer Stärkung sollte es nun zur Geißspitze gehen. Welcher der vielen Gipfel ist eigentlich die Geißspitze, so die Frage meines Mannes. Ein Blick auf seine im Handy erfasste Wanderkarte und gr0ßes Augenrollen. Die Geißspitze lag uns in einem großen Bogen genau gegenüber.
Mein Ziel war die Geißspitze und zu gerne wollte ich diese auch erreichen, notfalls auch allein. Natürlich haben wir uns gemeinsam auf den Weg gemacht. Der Abstieg vom Kreuzjoch war machbar. Nur hin und wieder mussten auch die Hände zum Einsatz kommen. Nun wanderten wir teilweise über Gestein, dann war der Weg wieder relativ eben, aber irgendwann waren unsere Gespräche verstummt. Zu hören war nur noch das Klackern der Wanderstöcke und der Ruf eines einsamen Vogels. Ich war nur noch damit beschäftigt, meine Füße akkurat einen vor den anderen, auf dem optisch inzwischen nur noch etwas mehr als fußbreiten Gratweg in über 2.000 m Höhe, zu setzen. Immer in Gedanken bloß nicht ins Stolpern zu geraten, denn zu beiden Seiten ging es steil abschüssig ins Tal. Hin und wieder wurde der schmale Gratweg durch kleine etwas breitere Stücke abgelöst. Zeit zum Luft holen.
Gut zu erkennen der Gratweg als feine Linie auf dem Kamm Ich beim Platz machen, als uns Wanderer entgegen kamen. Aneinander vorbeilaufen war an dieser Stelle nicht möglich, also im Liegen ausharren.
Gedanklich beschäftigte ich mit der Umkehr. Hin und wieder verpackte ich meine Gedanken in eine Frage, aber diese blieb vom meinem Mann unbeantwortet. Dann erreichten wir das Teilstück, bei welchem der Gratweg quer zum Hang verlief. Auf der einen Seite ragten Felsmassive in die Höhe und auf der anderen Seite ging es steil abwärts. Während auf allen anderen Gipfeln von weitem Wanderer zu sehen waren, konnte ich auf der Geißspitze keine Personen wahrnehmen.
Schritt für Schritt entfernten wir uns weiter vom sicheren Terrain. Ich erlaubte mir nur noch hin und wieder einen Blick über die Schulter. Endlich kamen uns Wanderer lockeren Fußes entgegen. Kurzes Freuen, dann einen sicheren Ausweichplatz suchen. Für zwei Personen nebeneinander war definitiv kein Platz. Beim freundlichen Grüßen konnte ich feststellen, dass diese deutlich älter als wir waren, ein Strohhalm an den ich mich halten wollte.
Gipfel in Sicht Kurz vorm Gipfel, mal rechts mal links an der Kante Im Hintergrund – Die Drei Türme Geschafft!!!
Dann ging es weiter auf dem noch schmaleren Gratweg, mit der Angst im Nacken, dass ein Sturz nur schrecklich enden kann. Wieder die Frage nach der Umkehr in der Hoffnung, dass mein Mann zustimmen würde. Stillschweigend setzte er jedoch weiter Fuß vor Fuß. Endlich waren wir auf der Zielgeraden. Schnell ein flüchtiger Blick auf Die drei Türme, die Sulzfluh und die Drusenfluh, fix noch ein Foto. So nah waren wir diesen Dreien wirklich noch nie. Nun verlief der Gratweg mal links über Steinbrocken, mal rechts. Irgendwie versuchte ich, die am besten zu fassenden Steine auszuwählen. Auf den letzten Metern hatte ich ein etwas sicheres Gefühl, vermutlich weil auch die Hände etwas zum Greifen hatten. Endlich waren wir am Gipfelkreuz angekommen. Ein Glücksgefühl stellte sich allerdings nicht ein und nach einer gemütlichen Rast, wie auf all den anderen Gipfeln zuvor, stand uns nicht der Sinn. Unser Blick war längst auf den Rückweg gerichtet und unsere Gedanken gaben wir auch nicht preis.
Der laut Reiseführer: “steinige, teilweise steil bergab führende Weg zur Lindauer Hütte” machte uns wenig Hoffnung auf einen entspannteren Abstieg. Daher ging es hochkonzentriert und still auf gleichem Weg zurück. Der einsame Vogel drehte immer noch rufend seine Runden. Endlich, endlich wurde der Weg weiter und mein Mann begann sich wieder für Naturaufnahmen zu interessieren. Endlich konnte ich aussprechen wieviel Angst ich um uns hatte. Mein Mann offenbarte mir, dass er immer an das verunglückte Wanderehepaar denken musste. Dabei sei ein Mann seiner Frau zu Hilfe geeilt und letztendlich ums Leben gekommen. Sie habe den Sturz überlebt. Diese Story hatte er die Tage zuvor in den News gelesen.
Immer wieder schauten wir nun zur Geißspitze zurück. Krass das wir auf diesem endlos langen Grat gewandert waren. Überglücklich das uns nichts passiert ist. Euphorisch nahmen wir nun nochmals den Gipfel vom Golmer Joch und hatten an diesem Tag somit drei Gipfel geschafft. Gestärkt ging es dann sogar ab der Mittelstation zu Fuß zum Ausgangspunkt zurück. Wobei die Füße nur über kurze Strecken zum Einsatz kamen, denn der Familienberg Golm hat einen grandiosen Rutschenpark bis zur Talstation. In sieben Röhren wird dabei der Abstieg erheblich erleichtert. Diesen Spaß hatten wir uns redlich verdient 🙂
Bei einer besseren Recherche zur Geißspitze hätte ich erfahren können, dass der Aufstieg teilweise Schwindelfreiheit und Trittsicherheit erfordert und natürlich gibt es Unmengen von Bildern, die den schmalen Grat sehr gut darstellen. Für den nächsten Wanderurlaub sind wir diesbezüglich erfahrener. Ich werde bei den Wanderungen vielseitiger recherchieren. Ich hatte mich tatsächlich nur auf das Buch von Heike Bechtold verlassen. Inspirierend ist es in jedem Fall, gezielt kann ich dann nach weiteren Informationen suchen. Ganz ehrlich, eine Gratwanderung mit den oben beschriebenen Ängsten wollen wir nicht mehr bewandern. Es soll unbedingt bei einem genussvollen Wandern bleiben, dabei darf es gern auch anstrengend sein 🙂
Richtig gelesen, es wird weitere Wanderurlaube geben. Allerdings habe ich nicht vor, diesen als zweiwöchigen Sommerurlaub zu wiederholen. Vermutlich wäre der Spätsommer bzw. frühe Herbst eine Option.
Ich kann mir tatsächlich auch sehr gut vorstellen, dass es weitere Buchungen in Partenen geben wird. Mit dieser Ferienwohnung – Haus Pachole – haben wir einen Volltreffer gelandet. Die integrierte Sauna hat uns in der ersten Woche außerdem ein hitziges Gefühl gegeben. Die liebevolle Einrichtung sorgte fürs Wohlfühlen. Auch wurde für den Ort ein toller Brötchenservice angeboten. Selbst nach 22 Uhr konnte ich bei “Pferd auf Wolke” online meine Bestellung für den nächsten Morgen abgeben. Die Biobackwaren lagen dann morgens um sieben vor der Tür. Eine gelungene Geschäftsidee wie ich finde (die Auslieferung erfolgt sogar mit einem E-Auto). Hier muss ich unbedingt noch erwähnen, dass ich von den Unterhaltungsmöglichkeiten für Kinder vor allem auf den Bergstationen total überrascht gewesen bin. Bislang kannten wir die Berge nur aus dem Skiurlaub. Dann sind diese vielseitigen, liebevoll gestalteten Spielplätze in der Form nicht vorhanden. Was uns auch beeindruckt hat, war die konsequente Nachfrage der Österreicher nach den drei Gs (genesen, geimpft, getestet). Weder hätten wir ohne einen Nachweis übernachten können, noch hätten wir in den Hütten, im Restaurant oder Cafe Platz nehmen dürfen. Diese Maßnahmen gaben uns ein gutes Gefühl. Im Vergleich zu Deutschland waren wir bei der Zwischenübernachtung in Thüringen, während unserer Rückreise überrascht, dass es weder im Hotel noch im Restaurant eine Nachfrage gab.
Auch wenn unser Urlaub wettertechnisch nicht perfekt gewesen ist, so hatten wir eine unvergesslich schöne Zeit. Der Vorteil der Regentage lag eindeutig darin, dass wir die erste Woche wirklich entspannt erlebt haben. Wir haben lange im Bett gelümmelt, ewig und spät gefrühstückt und konnten den gesamten Tagesablauf ruhig angehen lassen. Bei sonnigem Wetter habe ich nämlich immer das Gefühl etwas zu verpassen und möchte möglichst viele Stunden intensiv etwas erleben. Geht’s euch eigentlich auch so?
Vielleicht kann ich hier jemanden mit unserem Urlaub und all den Erlebnissen und Erfahrungen inspirieren. Das würde mich freuen. Glücklich bin ich aber auch in jedem Fall, dass dieser Urlaub nun Platz in diesem “Album” gefunden hat.
Mit dem kommenden Post in der nächsten Woche wird es dann wieder kleidsam,
alles Liebe Birgit
Liebe Birgit
Spätestens beim letzten Beitrag wurde es mir bei Deiner Routenbeschreibung mulmig,
Das war “Abenteuer pur”!
Ich hätte die Gradwanderung nicht geschafft. Erstens bin ich nicht schwindelfrei und zweitens auch nicht mutig genug.
Es verunglücken jedes Jahr viele Wanderer in den Bergen tödlich.
Gerade wenn man sich dieser Gefahr bewusst wird, kommt die Angst hinzu. Das kann zusätzlich noch verunsichern.
Hat man diese Herausforderung allerdings gemeistert, stellt sich ein unbeschreibliches Glücksgefühl ein.
Ich weiß, wovon ich rede, denn ich habe schon Ähnliches zusammen mit Freunden in den provenzalischen Alpen erlebt.
Eigentlich hatten wir nur einen 3wöchigen Urlaub am Fuße des Mont Ventoux geplant mit Sightseeing, französischen Märkten, Restaurantbesuchen und vor allem viel Entspannung.
Wir hatten uns mit unseren Freunden zu einer Kanu – Tour auf der Sorgue verabredet und wollten mit Ihnen auch kleine Wanderungen unternehmen.
Aus der kleinen Wanderung wurden dann mehrere längere.
Die Tour oberhalb des “Gorges de Venasque” hielt für uns mehrere gefährliche Passagen bereit.
Die Wanderung war als leicht klassifiziert. Keine Ahnung wie dann die mittelschweren oder schweren aussehen.
Aber das sind genau die Urlaube und Erlebnisse, an die man sich noch nach Jahren erinnert.
Euer Wanderurlaub mit den vielen schönen, anstrengenden und gefährlichen Momenten wird dazu zählen. Da bin ich mir ganz sicher!
Wie schön, dass Du uns an diesem tollen Erlebnis hast teilnehmen lassen!
Ganz liebe Grüße! Gudrun