Ich musste den Mantel wenigstens einmal Probetragen, bevor ich ihn an die liebste Patentante unserer Enkeltochter übergeben habe. Das der Mantel etwas voluminös an mir wirkt, liegt also daran, dass ich ihn für Frieda genäht habe. Die Schwierigkeit lag darin, dass ich anhand von Körpermaßen arbeiten musste und für Frieda zuvor auch noch nichts genäht hatte. Die Sorgen das der Mantel nicht passen würde, begleiteten mich daher während des gesamten Entstehungsprozesses . Natürlich war eine Anprobe nicht möglich – Frieda lebt in Stuttgart. Eine persönliche Übergabe Anfang Oktober und damit auch ein prüfender Blick meinerseits waren ebenfalls nicht möglich. Erst letzten Sonntag konnte ich meine Arbeit an Frieda insgesamt betrachten und bin genauso happy wie sie.
Unbedingt wollte ich euch den Mantel zeigen, denn bereits mein erstes Stück von diesem Schnitt hat es nicht auf meinen Blog geschafft. Wie aber wenn er nicht für mich ist…Ich entschloss mich daher meine Paspeltaschen, welche sich definitiv von vielen Beschreibungen unterscheiden, fotodokumentarisch aufzuzeigen.
Zunächst werden die Streifen, welche später den Paspel darstellen und der markierte Eingriff mit Klebeflies verstärkt. Grundsätzlich vergrößere ich auch die im Schnitt von burda vorgegebenen Taschenbeutel. Ich finde sie immer recht klein gehalten. Dann lege ich den Taschenbeutel auf die linke Stoffseite entsprechend meiner Eingriffsmarkierung. Der Taschenbeutel muss großzügig über dem Eingriff liegen. Zur Sicherheit habe ich ihn mit Heftfaden für euch fixiert.
Dann lege ich meine Streifen mit der “beklebten” Seite genau an die Eingriffsmarkierung, beide Enden reichen über den späteren Eingriff hinaus. Ich nähe meine Paspelstreifen fast immer füßchenbreit zum späteren Eingriff an. Bei dem füßchenbreiten Annähen wird letzendlich auch die Breite des späteren Paspel bestimmt. Zudem achte ich darauf, dass der Taschenbeutel auf dem linken Stoffteil schön glatt aufliegt (aus Erfahrung).
Sind beide Paspelstreifen angenäht, erfolgt ein prüfender Blick über die Einhaltung des gleichen Abstandes und auch den Beginn und das Ende des Steppstiches in gleicher Höhe. Das muss unbedingt ganz genau übereinstimmen, denn diese Fehler wären am Ende definitiv sichtbar. Nun werden die eigentlichen Paspel genäht. Dafür greife ich die schmale zum Eingriff liegende Seite und schlage damit die breite Seite um diese schmale Kante. Dabei muss man mit den Fingern den gegenüberliegenden Paspel ein wenig wegdrücken. Am Ende darf die offene Kante (welche zum Eingriff zeigte) nicht sichtbar sein, diese befindet sich in dem Einschlag. Auch hier müsst ihr unbedingt auf die Gleichmäßigkeit – auf eine gleichmäßige Paspelbreite achten. Ich gebe zu, es ist ein wenig pfriemelig. Ich habe mir den nun entstandenen Paspel mit Nadeln festgesteckt, siehe Foto. Dann steppe ich den Paspel im Nahtschatten fest. Das Gleiche folgt natürlich mit der gegenüberliegenden Seite.
Hier im ersten Bild seht ihr beide Paspel. Es ist keine offene Kante mehr zu sehen. Dann folgt auch schon der weitere, immer wieder mit Respekt ausgeführte Schritt. Das Aufschneiden des Tascheneingriffs. Zunächst öffne ich den Eingriff in der sicheren Mitte, erst dann wende ich mich den Enden zu. Ich habe mit Kreide das aufzuschneidende Dreieck für euch markiert. Hier ist eine scharfe Schere unbedingt erforderlich. Die schrägen Einschnitte zur sichtbaren Naht müssen bis ganz knapp an den letzten Stich erfolgen. Aufpassen das er nicht darüber hinaus geht. Im Ergebnis würde eure Paspeltasche an den Eckpunkten ausreißen – ganz sicher. Diesen Schritt also wirklich mit Bedacht und ruhiger Hand vollführen.
Wenn der Eingriff vollständig aufgeschnitten ist krempelt ihr die Paspel nach außen und damit werden sie auf der rechten Stoffseite sichtbar. Auf dem dritten Bild seht ihr den Tascheneingriff von der linken Stoffseite. Meist müssen die Paspel einwenig ausgerichtet werden, um schön glatt auf der Jacke aufzuliegen. Nun ein kurzer und kritischer Blick auf die rechte Stoffseite.
Mein Augenmerk liegt bei der Begutachtung der rechten Stoffseite mit dem nun entstandenen Tascheneingriff an den Eingriffsenden. Sitzen sie parallel, sind die Ecken auch nicht offen, sind beide Paspel gleich lang und liegen sie flach auf. Erst wenn alles zufriedenstellend aussieht, sichere ich die Dreiecke an den Eingriffsenden auf der linken Seite. Auch dieser Schritt verlangt volle Aufmerksamkeit. Die Dreiecke (gut sichtbar wegen des blauen Taschenbeutels) müssen wirklich ganz straff (ganz glatt) gezogen werden. Im Ergebnis muss das Ende des Paspel auf der rechten Stoffseite einen geraden Abschluss bilden. Alles sollte rechtwinklig zu den Ecken aussehen. Wenn ihr mit dem Ende des Tascheneingriffs /Ende des Paspel zufrieden seid, dann wird das Dreieck ganz nah festgesteppt (siehe beide Fotos). Ich nähe an dieser Stelle wirklich mehrmals darüber. Aufgrund der Belastungen von Jackentaschen muss dieses Dreieck wirklich eine Menge aushalten. Beachtet unbedingt die spitzen Ecken, also da wo der Paspel angenäht worden ist (das war unsere erste Naht). Es darf keine Lücke zu sehen sein, denn dann ist ebenfalls das Ausfransen in den Ecken und damit am Tascheneingriff garantiert.
Wenn ihr nun mit dem Ergebnis auf der rechten Seite zufrieden seid, dann steppt einmal um den gesamten Tascheneingriff, genau im Nahtschatten. Dieser Steppstich kann natürlich auf auf dem Paspel erfolgen, bei farbigem Garn sehr dekorativ. Vorteilhaft, wenn ihr den Tascheneingriff nun mit Heftfaden schließt und gern endlich auch das Bügeleisen zum Einsatz bringt.
Ab jetzt wird es entspannter und ich bin immer glücklich, wenn ich bis hier erfolgreich war. Es muss nur noch das Gegenstück zum Taschenbeutel angenäht und der Taschenbeutel geschlossen werden. Im Übrigen kann der Taschenbeutel auch aus Stoff verwendet werden. Ich finde allerdings, dass die Taschen damit sehr auftragen und nutze somit fast immer Futterstoff.
Damit beim Eingriff nicht das Futter sichtbar ist, lege ich einen etwas breiteren Besatz aus Stoff links auf den fertigen Eingriff, darüber den zweiten Taschenbeutel und stecke mir den Besatz mit Nadeln fest. Nun nähe ich den Besatz an den Taschenbeutel und schneide das überflüssige Futter entsprechend weg.
Bevor ich den Taschenbeutel schließe, steppe ich den Tascheneingriff an beiden Seiten und (nur) an der oberen Kante komplett fest, d.h. diese Naht verbindet alle Stofflagen des Taschenbeutels. Hintergrund dieser Naht ist den oberen Paspel nach oben (also bildlich Richtung Brust) zu sichern und auch den Seiten zusätzlichen Halt zu geben. Hierfür steppe ich ganz nah an den gefühlten Paspeln (denn diese befinden sich ja auf der rechten Stoffseite, genäht wird aber im inneren Teil). Ich hoffe anhand der Fotos sind meine Arbeitsschritte erkennbar.
Nun kann der Taschenbeutel geschlossen werden. Ich schneide anschließend die überflüssigen Nahtzugaben stufig ab, auch hier mit dem Hintergund alles schön flach zu halten.
Am Ende sollte der Tascheneingriff wie folgt aussehen:
Und nun noch einige Tragefotos. Ich brauche unbedingt auch einen Boule Mantel. Der Schnitt ist im Übrigen aus der burdastyle 12/2015 Modell 102. Ich kann ihn empfehlen.
Da ich den Mantel abgefüttert habe, kann Frieda das Chaos um die Tascheneingriffe nicht sehen. Schon aus diesem Grund arbeite ich immer ein Futter ein… es sieht dann alles so schön sauber aus. Natürlich hat der Mantel handgestochene Knopflöcher. Ich werde dabei auch immer besser und immer schneller und ich möchte sie nicht mehr missen.
Eine Frage zum Abschluss: Wer hat den Fehler am fertigen Mantel entdeckt?
Liebe Grüße
Birgit
Liebe Birgit,
wow, eine tolle Erklärung! Ich habe am Wochenende bei der AnNäherung drei mal Paspeltaschen geübt (und mich immer noch nicht getraut, sie am richtigen Rock einzunähen). Du beschreibst super worauf es ankommt, das gleich hohe Einschneiden und das Geradeziehen des Dreiecks. Das Dreieck drei mal festzusteppen werde ich mir auf jeden Fall merken, genau so wie das Drumrumsteppen im Nahtschatten. Danke schön.
LG
Pina
Hey ich freue mich über deinen Besuch :)) und für dein Feedback ganz besonders. Ich nähe die Paspeltaschen noch immer wie in meiner Ausbildung. Kenne natürlich auch die inzwischen vereinfachte Methode. “Kennen” allerdings nur vom Lesen. Praktisch habe ich es nie probiert. Es scheint auf jeden Fall nicht die schlechteste Methode zu sein, denn ich kann mich nicht an ausgerissene Paspel erinnern. Genauso verfahre ich mit einer Patten/Paspel Tasche.
Lieben Dank liebe Pina und ich bin gespannt ob ich von dir und der AnNäherung zu lesen bekomme 😉
Liebe Grüße Birgit
Der Mantel ist wunderschön!!! Vielleicht sollte ich doch mal einen Oversize-Mantel probieren. Eine Anleitung für die handgemachten Knopflöcher wäre für mich sehr interessant – magst Du so eines gelegentlich mit dokumentieren?
Und der Fehler – der Abstand des oberen Knopfes?
LG
Martina
Liebe Martina, sorry für meine späte Reaktion. Was ich zwischenzeitlich getrieben habe, wurde grad veröffentlicht.Freu mich über dein Kompliment. Und natürlich kann man dir auch nichts vormachen 😉 Klar der Abstand der Knöpfe. Komplett fertig hing das Mäntelchen auf meiner Puppe und ich freute mich wie Bolle…plötzlich sehe ich die Abstände!!! Ich voll panisch zum Maßband, obwohl das völlig unsinnig war. Dabei habe ich die Knopflöcher zuvor sogar mit Knopflochseide markiert und gemsssen und gemessen. Es blieb mir nur die Improvisation. Und weil Frieda auch unterschiedliche Socken trägt, konnte ich es mir erlauben. Es ist ihr nicht aufgefallen und nun findet sie ihn noch mehr BESONDERS :))
Glück gehabt. Deinen Hinweis zu den Knopflöchern habe ich notiert. Habe auch schon mit dem Gedanken geliebäugelt. Ich hoffe nun, ich finde in den nächsten Tagen Zeit für eine persönliche Mail.
Lieben Dank für deinen Besuch und fettes Drücken für deinen Kommentar,
Birgit