Geschafft und glücklich über die Tatsache, endlich einen ganz langen Mantel im Schrank zu haben. Unglücklich, dass manches nicht optimal gelungen ist. Ohne Video wäre ich vermutlich ein wenig zufriedener, aber leider trägt der Kurs dazu bei, dass man noch kritischer die eigene Arbeit bewertet.
Vom Tragegefühl ist der Mantel erstklassig. Ich fühle mich rundum wohl. Die Leichtigkeit des Materials ist beeindruckend. Da merkt man dann wohl doch den Preis. Ich hätte allerdings nicht vermutet, dass das Material doch knittern kann und ich habe nicht wirklich lange im Auto gesessen. Leider habe ich die Taschen einen Tick zu hoch eingearbeitet. Das ist mir (zumindest gefühlt) noch nie passiert. Dabei habe ich sie sogar erst nach dem Schließen der Schulternaht angezeichnet. Kurzzeitig habe ich darüber nachgedacht, noch zusätzliche aufgesetzte Taschen anzubringen. Unter Berücksichtigung von Zeit habe ich die Idee dann verworfen. Nachdem ich allerdings heute bei Julia (von piek und fein) die schrägen aufgesetzten Taschen an ihrem traumhaft schönen Mantel gesehen habe, werde ich nach Weihnachten eine Probetasche nähen und es ausprobieren.
Beim Thema Taschen gibt es gleich noch einen weiteren Kritikpunkt. Mein Stoff ist beidseitig verwendbar. Mir kam daher die Idee, die schwarze Seite bei der Pattenklappe auf der Rückseite zu zeigen. Alle bislang genähten Patten habe ich mit Futterstoff genäht, weil sie üblicherweise sonst zu dick werden. Warum ich hier so leichtsinnig war, keine Ahnung. Vermutlich weil dieses Stück hier etwas ganz Besonderes werden sollte. Natürlich stehen sie ab, ist doch logisch… Ein Auftrennen kam nicht in Frage, viel zu groß war meine Angst es zu versauen.
Nachdem ich bereits über das zweitägige Ärmeleinnähen berichtet habe, muss ich ehrlich eingestehen, dass der Stressärmel letztendlich nicht perfekt gelungen ist. Durch das wiederholte Heraustrennen hat sich die Weite der Armkugel etwas auf die Rückseite verteilt. Beim eingehefteten Ärmel habe ich es nicht feststellen können, erst irgendwann als er auf der Puppe hing.
Im Videokurs verwendet Inge Rosshaar. Ich kenne dieses Material aus meiner Ausbildung. Wir mussten es in der Sakkoverarbeitung verwenden. Auf die Verarbeitung mit Rosshaar war ich im Voraus entsprechend gespannt, dachte hierbei eine Auffrischung zu erhalten. Im Kurs wird es an den Außenkanten durch Vlieseline mit dem Stoff verbunden, d.h. folglich nur dort. Das Rosshaar befindet sich im oberen vorderen Schulterbereich, endet in etwa bevor der Busen beginnt und geht bis an das Armloch. In meiner Ausbildung musste ich das Rosshaar mit einem Pikierstich mit dem Material verbinden, also durchweg. Es war viel großflächiger im Vorderteil eingearbeitet, sollte es doch dem Sakko Form verleihen. Hinsichtlich der Verarbeitung mit Rosshaar konnte ich mein ehemaliges Wissen leider nicht auffrischen. Beim nächsten Mantelprojekt möchte ich mich diesem Thema noch einmal stellen und werde entsprechend Recherchieren.
Beim Betrachten der Fotos denke ich, dass Rosshaar insgesamt im gesamten Mantel hätte verwendet werden sollen. Ich kann mich zB. nicht daran erinnern, dass ich in meiner Ausbildung Vlieseline zum Einkleben verwendet habe.
Insgesamt ist das Einnähen der Ärmel nach Inges Video wirklich ziemlich spannend und ich bin auch ihren Anweisungen gefolgt. Mit großer Verwunderung habe ich z.B. zur Kenntnis genommen, dass Inge nur streng auf die Schultermarkierungen achtet. Also Schulternaht und die Markierung im Ärmel müssen hier unbedingt aufeinander treffen. Die im vorderen Bereich des Armloches und die typische Markierung hierzu am Ärmel müssen nicht zwingend aufeinander liegen. Hier achtet sie vielmehr darauf wie sich der Ärmel von allein einfügt. Inge beginnt beim Einstecken des Ärmels an der Schulternaht. Ich habe bisher immer an der vorderen Markierung begonnen, bin dann vorn bis zur Schulter, dann der Achselbereich und ich meine mich zu erinnern, dass ich im hinteren Bereich, unterhalb der Schulter bis in Richtung Seitennaht den Stoff (Ärmel und Rückenteil) immer etwas spannen musste. Nagelt mich nicht fest, dass ist mir in Erinnerung. Da ich keine Fachliteratur lese, kann es eigentlich nur von meiner Ausbildung stammen, aber hey das ist weit über dreißig Jahre her. Kritisch muss ich sogar einräumen, dass meine Ärmel bei meinem Leinenanzug auch ziemlich gut gelungen sind, nach meiner Methode.
Definitiv werde ich den Kragen zukünftig immer nach dem Video einnähen. Ich finde der Mantelkragen schmiegt sich wunderbar im Halsloch ein, fühlt sich gut an und sieht auch optisch gut aus.
Natürlich hat mein Mantel handgestochene Knopflöcher. Die sind mir ebenfalls gut gelungen, auch von der linken Seite 🙂 Das Futter ist vollständig von Hand eingenäht. Es gibt für mich keine perfektere Methode.
Das Schnittmuster “Designermantel Mykke Hofmann” aus der Burda Style 10/2017 kann ich ehrlich empfehlen. Außer der Schulterbreite (Minus 2 cm) habe ich keine Änderungen vorgenommen. Ich habe hier die Größe 40 verwendet, weil ich den Mantel unbedingt etwas oversized tragen möchte. Das hier mehrfach angesprochene Video ist von Inge Szoltysik-Sparrer: “Blazer Nach Mass Nähen Lernen”. (Werbung unbeauftragt)
Hier seht ihr, warum ich beim nächsten langen Mantel das Rosshaar von oben bis unten, also im gesamten Mantel verwenden möchte. Optisch sieht es hier teilweise so aus, als wenn ich den Beleg zu fest staffiert habe. Das ist mir auch erst bei den Bildern aufgefallen. An der Puppe sah alles glatt aus…
Auf Instagram gab es schon einen kleinen Vorgeschmack vom Laufsteg bei Anke. Ich freue mich auf die bunte Auswahl an Jacken und Mäntel. Liebe Anke, Danke das du zu einem gemeinsamen Treffen geladen hast. Ohne dich hätte ich diesen Mantel noch nicht im Schrank. Auch wenn es im Text sehr kritisch zu geht, ich liebe den Mantel dennoch ziemlich dolle. Ich bin auch ganz sicher, dass er sehr lange zu meiner Lieblingsgarderobe zählen wird.
Vermutlich werde ich ihn in den kommenden Wochen nur mit Jeans tragen, aber ganz bestimmt werden wir irgendwann wieder (chic) Ausgehen dürfen 😉 und bis dahin gehe ich eben chic in den Supermarkt oder in den Wald 🙂
Euch allen einen gemütlichen ersten Advent, bleibt gesund und passt auf euch auf,
liebst Birgit
Verlinkt beim #msal20 von Grenzgängerdesign
Hallo Birgit, bekanntermaßen sind wir selbst die größten Kritiker unserer selbstgenähten Garderobe. Ich finde Deinen Mantel richtig toll, vor allem die Länge finde ich super! Aber auch Deine Kritikpunkte kann ich nachvollziehen. Die Taschen wären mir auch etwas zu hoch. Das mit der Einlage hingegen würde mich nicht so stören, auch wenn ich sehe, was Du meinst. Auch mir hat der Mantel Sew Along viel Spaß gemacht und freue mich auf eine Wiederholung, vielleicht zu einem anderen Thema. Hab einen wundervollen Advent! Anke
Hallo liebe Anke, wenn auch sehr spät möchte ich mich dennoch für deinen Kommentar bedanken. Als Bloggerin kennst du ja das schöne Gefühl, wenn zum Post ein Kommentar hinterlassen wird 🙂 Ich freue mich nach den vielen Jahren noch immer sehr.
Mit den Taschen komme ich inzwischen sehr gut klar. Da wird es keine Änderungen mehr geben. Das Schnittmuster hat Potential für eine Wiederholung, da muss ich dann nur die Taschenhöhe beachten 🙂
Ich lasse mich überraschen, ob es eine neue Linkparty bei dir geben wird.
Einen guten Start in ein hoffentlich schönes Jahr für dich,
liebe Grüße Birgit
Rosshaar so einzunähen, dass man es von der Vorderseite nicht sieht, dürfte nicht so einfach sein, würde ich aber auch gern mal probieren. Geht wahrscheinlich nicht bei jedem Stoff. Es ist doch recht steif und soll Form geben. Daher denke ich, aufbügelbare Gewebeeinlage sollte genügen fürs komplette Vorderteil. Bei mir drückt sich auch manchmal die Nahtzugabe vom Besatz vorn etwas durch, was mir nicht so gefällt. Die könnte ich vielleicht noch befestigen/ absteppen. Es ist schwer, mit der “Konsistenz” des Stoffes zu planen, finde ich auch.
Beim Ärmeleinnähen mache ich es so, dass die Seiten- und Ärmelnaht aufeinander gehören (meistens), der obere Punkt der Armkugel fixiert wird und sich das Ganze dann verteilt. Aber auch nicht sklawisch, wenn es nicht passen will. Zwischen vorderem und hinterem Einsatzzeichen soll ja eigentlich gar nicht eingehalten werden.
Mache bloß nichts an den Taschen, die sind gut so und genügen auch!
Leichte Knicke durch Sitzen entstehen, aber ich denke, wenn der Wollstoff nicht zusätzlich mit Wasser in Berührung kommt, hängen sie sich wieder aus. Ich will meinen Mantel jedenfalls nicht dauernd bügeln. Deiner sieht super luxeriös aus, ganz toll, viel Vergnügen ihn zu tragen wünsche ich! Regina
Hallo Regina, ganz lieben Dank für deinen ausführlichen Kommentar. Wenn ich bedenke, dass ich in meiner Ausbildung Rosshaar in Sakkos einarbeiten musste, dann sollte es bei einem Mantelstoff gelingen. Natürlich bin ich nach 35 Jahren diesbezüglich absolute Anfängerin und würde mich über ein Tutorial entsprechend freuen 🙂 Vermutlich ist die Nachfrage jedoch zu gering. Am Mantel wird nach den vielen Tragemöglichkeiten (Spaziergang, Einkauf im Supermarkt) nichts mehr geändert. Ich mag ihn sehr und er trägt sich fantastisch. Ich habe sogar gelernt, dass die Armkugel beim Einnähen im hinteren Bereich so gar gedehnt werden soll, also da wo besonders viel Spannung beim Bewegen entsteht…Davon spricht Inge nicht und vielleicht sind die alten Methoden längst überholt. Ärmel einnähen ist schon wirklich etwas besonderes 🙂
Ich wünsche dir einen schönen Start ins neue Jahr und lass ich von deinen Werken überraschen,
liebe Grüße Birgit
Dein Mantel ist sehr perfekt geworden, da sieht man schon deine erlernten Fähigkeiten. Auf den Fotos kann ich keine “Fehler” an den Ärmeln erkennen. Man selbst ist da meist sehr viel kritischer. Außerdem bewegt sich das Material beim Tragen auch noch. Danke auch noch einmal für den Hinweis auf das Video von Inge. Ich habe schon das Keider- und Hosenvideo und schaue da gerne hin und wieder einmal hinein.
LG Carola
Liebe Carola, vielen Dank für dein Feedback, ich freue mich sehr. Aus dem Video kann man wirklich eine Menge lernen, allerdings würde ich bei Bewährtem nicht steif nach Inge nähen.
Einen schönen und vor allem gesunden Start ins 2021 wünsche ich dir,
liebe Grüße Birgit
Wow, der Mantel sieht perfekt aus. Das Material schaut edel aus. Ebenso gefällt mir die Länge an Dir sehr gut. Versuche doch mal, mit den Taschen klar zu kommen… vielleicht magst Du die Höhe doch leiden und musst nix ändern.
Danke für den Inge- Video- Tipp.
LG
Sandra
Dankeschön fürs Feedback, lieb das du dir Zeit genommen hast. Am Mantel wird nichts geändert, das bleibt nun so. Vielleicht beim Zweiten dann 🙂 Er sieht nicht nur optisch edel aus, vor allem beim Tragen merke ich, dass es in feines Material ist. Er hat ja aufgrund der Länge viel Material und dennoch ist er wunderbar leicht. Auch nach dem Tragen muss nichts gebügelt werden, da hängt sich jede Knitterfalte von allein aus.
Ich wünsche dir einen gesunden Start ins 2021, liebe Grüße Birgit
Ein wunderschöner Mantel!
Farbe, Schnitt und Länge gefallen mir ausgezeichnet und für mich sieht auch alles perfekt aus.
Das ist ja immer die Sache beim Selbernähen, man weiß um die Schwierigkeiten, die man beim Nähprozeß hatte und bildet sich ein, man hätte dies oder jenes doch noch besser machen können, während man als Außenstehender nur ein großartiges Ergebnis sieht.
Herzliche Grüße von Susanne
Dankeschön für diesen lieben Kommentar 🙂 So ist es wohl 🙂 Vielen würde meine Kritik gar nicht auffallen, aber selbst weiß ich eben, dass manches eben noch besser geht. Dennoch mag ich den Mantel sehr, ich fühle mich richtig gut in dem Stück. Die Passform insgesamt ist schon ziemlich gut getroffen. Alles andere wird beim nächsten Mantel besser gemacht 😉
Liebe Grüße und einen gesunden Start wünsche ich dir,
Birgit
Liebe Birgit, du hast einen sehr schönen Mantel genäht. Deinem Seufzen beim Nähen folge ich aber auch. Warum? Wegen der gleichen Erfahrung. Ich habe mir schon im vergangenen Jahr einen roten Mantel aus einem kostbaren Wollstoff nach einem Burda-Schnittmuster genäht. Nach Julias Beschreibung ihres Gucci-Mantels von Grasser habe ich das komplette Vorderteil mit Raschelware und alle anderen Teile mit G 609, den Saum und Ärmelsäume mit 3 cm breitem Vlies, die Armausschnitte mit Lisierband, die Schulternähte mit Kantenband bebügelt – eine gute Entscheidung. Was mir an dem Teufelsteil aber trotz des Aufwands alles nicht gefiel! Der Stehkragen ein Winzling. Der Bruch vom Stehkragen zum breiten, reversartigen Aufschlag schwierig exakt hinzukriegen, da trotz ausgiebigem Beischnitt zuviel Material in der Ecke. Die Ärmel eine Katastrophe, völlig verdreht irgendwie. Die Nahttaschen zu tief. Der breite Beleg schwierig zu einer exakten Vorderlinie zu kniffen. Also habe ich mich nach dem Kauf von Inges Kurs Jacke nähen noch einmal herangerobbt. Ärmel komplett heraus- und aufgetrennt, schön gebügelt. Und dann Schritt für Schritt nach Inges Anleitung neu genäht. Perfekt geworden! Die Belege habe ich von innen mit Punkt-Rückstich von Hand auf der Nahtzugabe angenäht – definiertere Kante. Den Stehkragen hab ich so gelassen (das wäre ein fürchterliches Gewurschtel geworden), die Taschen auch. Ich kann dir nur zustimmen, dass Inges Kurse sehr hilfreich sind, einen aber auch überaus kritisch machen.Ich wurde zwischendurch, bin es eigentlich immer noch, ein bisschen neurotisch. Und: Es ist kein Lieblingsmantel! Glücklicherweise habe ich winzige Mottenlöcher entdeckt, Grund genug, für den nächsten Winter eine neue warme Hülle zu nähen!
Liebe Susanne, oh sooo viel Zeit hast du mir gewidmet. Ganz herzlichen Dank. Natürlich sehe ich die Zugriffe auf meinen Blogpost und freue mich übe das Interesse. Wenn dann darüber hinaus noch ein Kommentar hinterlassen wird, dann hüpft mein Herz 🙂
Ach dann kannst du mein Fluchen und meine Kritik ja bestens verstehen. Ein Mantel braucht ja ohnehin schon viel Material und wenn man sich dann noch ein hochwertiges Stück Stoff aussucht, dann hat man vermutlich noch einen ganz besonderen Anspruch an sich selbst.
Kompliment das du den Mantel korrigiert hast. Was für eine Arbeit, puuh. Zum Schmunzeln, dass es anderen auch so geht, mit Inge und der eigenen Pingeligkeit :)) Letztendlich ist es natürlich schön, wenn man mit dem Video, zumindest für das ungeübte Auge, ein meisterliches Werk genäht hat. Ich muss auch wirklich feststellen, dass ich im Schulter- und Armbereich ein wirklich tolles Gefühl habe. Da machen sich die vielen Einlagen wohl doch bemerkbar. Ich lieb meinen Mantel und hoffe natürlich, dass er lange von Motten verschont bleibt. Gezeigt hast du deinen Mantel aber auf Instagram nicht, oder?
Kaufst du dann deinen Mantelstoff vor Ort oder Online? Streicheln ist vermtlich die bessere Option…
Ganz liebe Grüße und einen kreativen Start (gesunden Start hatte ich ja schon gewünscht :))
Birgit